Sein Geburtstag jährt sich am 26. Juni zum 140. Mal, sein Todestag am 30. April zum 70. Mal: Josef Reither zählt wohl zu den markantesten Persönlichkeiten Niederösterreichs. Seine herausragendsten Eigenschaften neben seinem unerschütterlichen Gottvertrauen, waren seine Konsensbereitschaft, seine aufrechte Haltung gegen den Faschismus und sein fester Glaube an Österreich. 

Das politische Interesse war ihm bereits in die Wiege gelegt

1880 in großbäuerlichen Verhältnissen geboren, absolvierte Josef Reither die Grundschulausbildung in seiner Heimatgemeinde Langenrohr und seine fachliche Ausbildung zum Bauern an der „Winterschule für Landwirtschaft“ in Tulln. Seine Familie war immer politisch interessiert und so wurde dieses Talent dem jungen Reither schon in die Wiege gelegt. Der 1906 gegründete Bauernbund weckte das Interesse des jungen Mannes ebenso wie die Genossenschaftsidee. Im Jahr 1907 setzte sich Reither mit Nachdruck für die Gründung der Raiffeisenkasse Langenrohr ein und wurde im selben Jahr ihr erster Obmann. 1911 wurde auf sein Betreiben auch die Rinderzuchtgenossenschaft Langenrohr ins Leben gerufen. Mit all diesen Aktivitäten hatte er auf sich aufmerksam gemacht und wurde daher 1908, im Alter von 28 Jahren, als christlichsozialer Mandatar des Bauernbunds in den Gemeinderat und 1912 zum Bürgermeister von Langenrohr gewählt. Ein Amt, das er bis zu seiner Wahl zum Landeshauptmann-Stellvertreter im noch jungen Bundesland Niederösterreich, im Februar 1925, behalten sollte. Josef Reither wurde dazu am 24. April 1921 als Mandatar in den ersten NÖ Landtag gewählt. Als Vorsitzender des Verfassungsausschusses war er als treibende Kraft an der legistischen Vorbereitung zur Gründung der Landwirtschaftskammer NÖ beteiligt. „Es müssen alle in diesem hohen Haus interessiert sein, erstens die Produktion zu heben und zweitens den Stand so zu erhalten, dass er leistungsfähig bleibt gegenüber dem Staate“, begründete er in einer flammenden Rede im NÖ Landtag vor Beschlussfassung des Gesetzes zur „Errichtung der Landwirtschaftskammern“ am 22. und 23. Februar 1922 seinen Einsatz. Bereits am 22. Juni im selben Jahr wurde Josef Zwetzbacher zum ersten Präsidenten der neugegründeten Landwirtschaftskammer gewählt, Josef Reither und Leopold Barsch zu den Vizepräsidenten. 1925 folgte Josef Reither schließlich Josef Zwetzbacher als Präsident der bäuerlichen Standesvertretung nach. 

Leidenschaftlicher Funktionär und Politiker des Bauernbunds

Als sich Josef Stöckler zurückzog, wurde Josef Reither 1928 zudem Obmann des NÖ Bauernbunds und damit einer der mächtigsten Politiker im Land. Nicht unterschätzt werden darf zudem Reithers Begeisterung für Genossenschaften. Er hatte in zahlreichen lokalen Genossenschaften wie auch bundesweiten Genossenschaftsverbänden Spitzenfunktionen inne und sicherte sich somit einen wichtigen Pfeiler seiner Macht.
Mit entsprechenden Gesetzen und Verordnungen sowie einer effektiven Förderpolitik durch die Landwirtschaftskammer konnten in dieser Zeit erhebliche Steigerung in der landwirtschaftlichen Produktion erreicht und deren Absatz und die Preise gesichert werden. An der wirtschaftlichen Erholung in den Jahren bis 1929 hatte die Land- und Forstwirtschaft, die in dieser Zeit ihre Produktion um rund 80 Prozent steigerte, einen bedeutenden Anteil. 
Mit der 1929 von Amerika ausgehenden Weltwirtschaftskrise fand der wirtschaftliche Aufschwung auch in Österreich ein jähes Ende. Die Instabilität der folgenden Jahre spiegelt sich auch in den zahlreichen Funktionen Reithers wieder. Er wurde in raschem Wechsel Landeshauptmann, Landeshauptmann-Stellvertreter, wieder Landeshauptmann und am 30. Juli 1934 schließlich Landwirtschaftsminister. 
In allen seinen Ämtern waren neben seinen Bemühungen um die Land- und Forstwirtschaft auch der Erhalt der Demokratie und Österreichs Unabhängigkeit seine obersten Ziele – die er nicht erreichen durfte, wie der Anschluss Österreichs an Hitler-Deutschland im Jahr 1938 beweisen sollte.
Für Josef Reither begann damit die wohl schwerste und entbehrungsreichste Zeit seines Lebens. Bereits am 1. April 1938 wurde er als einer der ersten „Schutzhäftlinge“ mit zahlreichen weiteren ehemaligen Spitzenpolitikern wie Figl, Gorbach, Proksch und Olah, in das Konzentrationslager Dachau gebracht. Demütigungen, schwere Verhöre, psychische und physische Peinigungen standen für die Häftlinge nun auf der Tagesordnung. All das konnte Josef Reither nicht brechen, nein, gemeinsam mit Leopold Figl schmiedete er bereits Geheimpläne, für die Zeit danach. In dieser Zeit entstand auch das Gelübde der beiden Bauernbündler, wenn ihre Heimat Österreich seine Freiheit und Unabhängigkeit zurückerlange, würden sie jedes Jahr Niederösterreichs Bäuerinnen und Bauern zur Gnadenmutter von Mariazell führen.

Gelöbnis Figls und Reithers begründete Wallfahrt

Am 26. Juni 1941 wurde Reither entlassen und kehrte auf seinen landwirtschaftlichen Betrieb zurück. Trotz ständiger Überwachung pflegte er seine Kontakte und wurde daher auch prompt nach dem gescheiterten Attentat auf Hitler, am 20. Juli 1944, neuerlich verhaftet. Es konnte ihm zwar keinerlei Konspiration nachgewiesen werden, dennoch wurde er nach Berlin überstellt und blieb bis Kriegsende in Haft. Nach anschließendem Krankenhausaufenthalt konnte er im Juli 1945 die Heimreise antreten.
In Wien angekommen, führte sein erster Weg – noch bevor er seine Familie in Langenrohr gesehen hatte – zum Bauernbundhaus in der Schenkenstraße, wo er von einer begeisterten Menge von Bauernbündlerinnen und Bauernbündlern empfangen wurde. Leopold Figl, Staatsekretär der provisorischen Regierung und provisorischer Landeshauptmann von Niederösterreich, hatte sich stets als Platzhalter für Reither gesehen. So konnte der Heimkehrer bereits im August wieder das Amt des Kammerpräsidenten und am 15. Oktober das Amt des NÖ Landeshauptmannes übernehmen. Und auch an das abgelegte Gelübde erinnerten sich die beiden Bauernbündler und führten 1947 rund 15.000 Bäuerinnen und Bauern mit der ersten NÖ Bauernbundwallfahrt nach Mariazell.
Dass die Strapazen des Konzentrationslagers an Josef Reither nicht spurlos vorübergegangen waren, zeigte sich nach einigen Jahren in gesundheitlichen Problemen. Er trat 1949 als Landeshauptmann zurück und kandidierte bei der Landwirtschaftskammerwahl 1950 nicht mehr als Präsident. Am 30. April 1950 verstarb der große Bauernpolitiker schließlich an den Folgen eines Schlaganfalls.