Im Gespräch mit der BauernZeitung NÖ werden aktuelle Herausforderungen für die heimischen Ferkelproduzenten und Schweinemäster sowie mögliche Lösungsansätze für die krisengeschüttelte Branche diskutiert. Das Interview wurde geführt mit Franz Rauscher, Obmann der Erzeugergemeinschaft Gut Streitdorf, Josef Brandstätter, Obmann-Stellvertreter und Vorsitzender des Ferkelausschusses sowie Johann Nolz, Sprecher der Geschäftsführung.
BZ: Warum ist die Stimmung unter den heimischen Ferkelerzeugern derzeit so schlecht?
RAUSCHER: Der Herbst ist jedes Jahr geprägt von höheren Zahlen an Ferkeln, die auf den Markt kommen. Bisher haben wir derartige Spitzen mit Exporten nach Rumänien und Bulgarien abgefedert. In diesen Ländern ist aber nach dem Auftreten der afrikanischen Schweinepest die Verunsicherung sehr groß und die Betriebe trauen sich kaum, Ferkel einzustellen. Auch in Belgien ist vor Kurzem ein Seuchenfall bekannt geworden, der für Irritationen, unter den Schweinemästern und Absatzschwierigkeiten bei den Ferkelproduzenten sorgt. Daher drängen auch verstärkt Ferkel aus dem europäischen Raum (Deutschland und Dänemark) auf den heimischen Markt. Das alles drückt auf den Preis und auf die Stimmung.
BZ: Was bedeutet das für die Betriebe in Niederösterreich konkret?
BRANDSTÄTTER: Damit wird ein Teufelskreis in Gang gesetzt, der die Betriebe vor die Existenzfrage stellt: Pro Woche bleiben derzeit Tausende Ferkel am Betrieb stehen, weil schlicht und einfach die Mastplätze fehlen. Das stört den einzelbetrieblichen Produktionsablauf erheblich. Die durchschnittliche Bestandsgröße ist in den vergangenen Jahren von 24 auf 90 Zuchtsauen pro Betrieb gestiegen die Zahl der abgesetzten Ferkel je Sau und Jahr wurde von 18 auf 26 erhöht. Das heißt, die Betriebsleistungen wurden deutlich optimiert. Die Zahlen können aber nur gehalten werden, wenn die Abläufe optimal weiterlaufen, was derzeit nicht der Fall ist.
Zu den dadurch ansteigenden Produktionskosten kommen sinkende Erlöse, was für den einzelnen Betrieb bedeutet, dass kaum Deckungsbeiträge und kein Lohn für die eigene Arbeitszeit zu erwirtschaften sind – und das bei einer 80-Stunden-Wochen, trotz aller Mechanisierungsmaßnahmen. Notwendige Investitionen – sei es in bauliche oder technische Erneuerungen – werden hinten angestellt. Die Betriebe „veralten“ und die Hofnachfolge gestaltet sich immer schwieriger: Der landwirtschaftliche Betrieb wird im besten Fall auf andere Produktionsrichtungen umgestellt und im schlechtesten Fall ganz eingestellt. In Niederösterreich gab es im Jahr 2000 noch knapp 1150 Betriebe, die Ferkel produzierten, 2017 waren es nur mehr 390.
BZ: Wie kann die Erzeugergemeinschaft Gut Streitdorf die Bäuerinnen und Bauern unterstützen?
NOLZ: Als Erzeugergemeinschaft sehen wir uns als Dienstleister für unsere Mitglieder. Wir bekennen uns generell dazu, sowohl bei Ferkeln, als auch Mastschweinen, ausschließlich Tiere aus österreichischer Herkunft zu vermarkten. Über unsere Markenprogramme (beispielsweise „donauland Schwein“ oder „tullnerfeld Schwein“) können daher nur Tiere abgesetzt werden, wo auch die Ferkel bereits im Land zur Welt gekommen sind. Dadurch greifen immerhin fast 99 Prozent der blau-gelben Mäster zu österreichischen Ferkeln.
Darüber hinaus hat Gut Streitdorf für alle seine Mitglieder in Niederösterreich bereits 2017 eine Tierertragsschadenversicherung abgeschlossen und damit bundesweit eine Vorreiterrolle eingenommen. Derzeit laufen Verhandlungen über eine Verlängerung ins Jahr 2019 und eine mögliche Beteiligung des Bundes an den Kosten.
BZ: Was braucht die Branche sonst, damit Bäuerinnen und Bauern in Zukunft wieder in die Ferkelproduktion und Schweinemast investieren?
RAUSCHER: Unsere Bäuerinnen und Bauern produzieren nach europaweit höchsten Qualitätsstandards. Damit sie das auch weiterhin machen, müssen sie einen fairen Lohn erhalten. Verarbeiter und Handel müssen dazu den Anteil österreichischer Ware in den verarbeiteten Produkten erhöhen. Der Konsument hilft den heimischen Bauern, indem er bevorzugt österreichische Produkte einkauft. Damit diese erkennbar werden, braucht es von der Politik endlich die Umsetzung einer verpflichtenden Herkunftskennzeichnung.
BRANDSTÄTTER: Ein fairer Lohn heißt, kostendeckende Preise in der Höhe von mindestens 2,50 Euro pro Kilogramm für Ferkel und 1,70 Euro pro Kilogramm für Mastschweine. Dazu müssen europaweit einheitliche Produktionsstandards umgesetzt werden, damit eine Chancengleichheit für alle Betriebe besteht. Und nicht zuletzt würde ich mir ganz einfach mehr Akzeptanz durch die Gesellschaft für unsere Arbeit als Tierhalter und Lebensmittelproduzenten wünschen.