Die EU-Kommission, die das Glyphosat-Verbot vor einigen Monaten noch als EU-rechtswidrig erklärt hatte, hat im Notifizierungsverfahren von ihrer Einspruchsmöglichkeit keinen Gebrauch gemacht. Grund dafür ist ein nicht ordnungsgemäßer Notifizierungsprozess.
Ausgangssituation:
• Die Anwendung des bewährten Wirkstoffes Glyphosat ist in der EU bis 31.12.2023 erlaubt. Erst 2018 erfolgte die Verlängerung nach ausführlicher Prüfung durch die EU-Stellen und der europäischen Lebensmittelbehörde.
• EU-weit ist die Anwendung vor und während der Vegetation erlaubt.
• In Österreich ist bereits die Anwendung am Endprodukt verboten.
Österreich hat in der Vorwahlzeit mit Stimmen von SPÖ, FPÖ, NEOS und JETZT am 2. Juli ein Totalverbot für die Anwendung von Glyphosat in Österreich im Parlament beschlossen, obwohl die veröffentlichte Studie der Universität für Bodenkultur und der AGES festgestellt hat, dass ein einseitiges, nationales Verbot derzeit geltendem EU-Recht widerspricht und Nachteile für die heimische Landwirtschaft bringt. Die ÖVP hatte damals einen eigenständigen EU-konformen Antrag im Nationalrat eingebracht, um den Wirkstoff für die Anwendung in Privat- und Kindergärten sowie sensiblen öffentlichen Bereichen wie Schulen zu verbieten, welcher allerdings keine parlamentarische Mehrheit fand.
Der Beschluss des Parlamentes tritt erst nach Notifizierung bei der EU-Kommission in Kraft, wobei diese für Ende November erwartet wurde. Die EU-Kommission hat mitgeteilt, dass der Notifizierungsprozess von Österreich nicht korrekt eingeleitet wurde. Aufgrund des formalen Fehlers eines nicht ordnungsgemäßen Notifizierungsverfahrens erfolgte seitens der EU keine inhaltliche und fachliche Prüfung mehr. Darauf wurde im Schreiben der EU-Kommission deutlich hingewiesen. Es erfolgte daher keine Beurteilung über die EU-Rechtmäßigkeit. Die EU-Kommission hat in einem Antwortschreiben an den EU-Parlamentarier Alexander Bernhuber im September die Unrechtmäßigkeit eines einseitigen Verbotes angekündigt.
Für die österreichischen Landwirtinnen und Landwirte besteht große Rechtsunsicherheit:
• Sollte das Verbot mit 1.1.2020 in Kraft treten, obwohl der Notifizierungsprozess nicht korrekt erfolgte, drohen der Republik Österreich Klagen und ein Vertragsverletzungsverfahren.
• Die begründete Stellungnahme der EU-Kommission, inwieweit das Verbot im EU-Markt wettbewerbsverzerrend ist, ist noch ausständig.
• Die Landwirtschaftskammer Niederösterreich erwartet daher, dass vor einem allfälligen Inkrafttreten des Gesetzes eine ordnungsgemäße Notifizierung auf europäischer Ebene erfolgt. Die Übergangsregierung wird aufgefordert diesen Prozess umgehend einzuleiten. Tritt das beschlossene Verbot mit 1.1.2020 dennoch in Kraft, müssen jedenfalls ausreichende Abverkaufs- und Aufbrauchfristen für lagernde Pflanzenschutzmittel umgesetzt und die Kostenübernahme im Falle von Rücknahmen geklärt werden.
• Von der Übergangsregierung wird erwartet, dass bei Umsetzung des Totalverbotes auch Importprodukte den gleichen Standard wie österreichische Produkte im Lebensmittelhandel zu entsprechen haben. Das heißt, ein Import von Produkten, bei welchen Glyphosat im Produktionsprozess verwendet wurde, ist hintan zu halten. Lückenlose Herkunftskennzeichnung ist damit umgehend umzusetzen.