„Proporz“ bedeutet ursprünglich anteilsmäßige Beteiligung. Konkret steht allen im Landtag vertretenen Parteien ein Regierungssitz zu, wenn sie bei den Landtagswahlen eine bestimmte Stärke erreicht haben. Eine Proporzregierung ist somit eine abgeschwächte Form der Allparteienregierung oder Konzentrationsregierung.
Für Niederösterreich bedeutet der Proporz auf Landesregierungsebene (9 Mitglieder), dass die VPNÖ 4 Mitglieder, die FPÖ 3 Mitglieder sowie die SPÖ 2 Mitglieder stellt.
Rasche Beschlussfassung auf Regierungsebene möglich
In der Praxis schließen heute zwei oder mehrere Parteien, die sich auf eine Mehrheit im Landtag stützen können, ein Arbeitsübereinkommen. Sie bestimmen die Verteilung der Ressorts und die Politikgestaltung. Als Gegensatz zu Übereinkommen stünde das „Spiel der freien Kräfte“.
Entsprechend der Landtagswahlergebnisse vom 29. Jänner entsenden die Parteien ihre Mandatarinnen und Mandatare in den NÖ Landtag. In der Sitzung werden die Landtagsabgeordneten angelobt, die ihrerseits anschließend den Landtagspräsidenten und die beiden weiteren Mitglieder des Präsidiums des Landtags (= 2. und 3. Landtagspräsident) sowie die Landeshauptfrau samt Landesregierung wählen.
In welchen Bundesländern gibt den Proporz noch?
Bis 1999 hatten alle Bundesländer mit Ausnahme von Vorarlberg eine solche Regelung. Aktuell sind es nur mehr Nieder- und Oberösterreich sowie in Wien, wobei in der Bundeshauptstadt die rechtliche Situation speziell ist, da der Wiener Gemeinderat gleichzeitig auch Wiener Landtag ist.
Arbeitsübereinkommen mit der FPÖ auch in Oberösterreich
Niederösterreich wird damit aktuell zum bereits zweiten Bundesland mit einer zwischen Volkspartei und Freiheitlichen vereinbarten Koalition. Auch in Oberösterreich ist dieses Modell seit 2015 erprobt. Mit der nun erzielten Einigung kommt es zur Zusammenarbeit der zwei am 29. Jänner 2023 mit den meisten Wählerstimmen ausgestatteten Parteien (VPNÖ 39,93%, FPNÖ 24,19%). Im Sinne einer stabilen Mehrheit und dem Wunsch der Wählerinnen und Wähler entsprechend könne nach den Sondierungsgesprächen nun wieder die Arbeit für die Menschen in Niederösterreich im Vordergrund stehen, heißt es aus Verhandlerkreisen.
Proporz seit 1945 stabilisierender Faktor
Historisch geht die verhältnismäßige Aufteilung der Regierungssitze und damit auch die gegenseitige Kontrolle auf das Jahr 1945 zurück. Die damaligen Regierungspartner ÖVP und SPÖ wollten zukünftige Auseinandersetzungen zwischen den politischen Lagern wie bei den Februarkämpfen 1934 vermeiden. Das Proporzsystem wurde somit als stabilisierender Faktor geschaffen.