Feste wurzeln

Der Gedanke, gemeinsam an einem Strang zu ziehen, war nun nicht mehr aufzuhalten. Ein Verband, der alle Bäuerinnen und
Bauern Niederösterreichs mit ihren Anliegen, Problemen und Zukunftsvorstellungen in sich vereinte, sollte nun Wirklichkeit
werden.

So erhielt der christlichsoziale Parteisekretär Richard Wollek den Auftrag, die Gründung des Niederösterreichischen
Bauernbundes vorzubereiten – auch, um dadurch die Christlichsoziale Partei zu stärken. Unzählige Besprechungen und
Versammlungen waren die Folge.

Starker Bund seit 1906
Zeugnis davon legt auch ein etwas unbeholfen gereimter Vierzeiler ab, der sich heute noch, von Weinlaub umrankt, in dem
Rohrendorfer Keller des Landwirtes Franz Mayerhofer findet: „Hier im Kellerstübel legte man den Grund, die Idee war nicht
übel, zum Niederösterreichischen Bauernbund.“

Am 24. Juni 1906 war es dann endlich soweit: Die konstituierende Versammlung des Niederösterreichischen Bauernbundes
konnte stattfinden. Geladen hatten die vier christlichsozialen Landtagsabgeordneten Karl List aus Großweikersdorf, Josef
Stöckler aus St. Valentin – er wurde einstimmig zum ersten Obmann gewählt –, Rudolf Gruber aus Sollenau und Karl
Fisselthaler aus Schrems.

Institution mit klarem Auftrag
Unvergessen bleiben die Worte Albert Geßmanns, einem Christlichsozialen der ersten Stunde und Mitglied des niederösterreichischen Landesausschusses, an diesem Abend:

„Wenn der Bauernstand bisher vielfach vernachlässigt wurde, wenn er ein Ding war, über das die Regierung ohne Weiteres zur Tagesordnung übergehen konnte, waren die Bauern selbst daran schuld. Wer selbst aus sich nichts zu machen versteht, aus dem machen andere Leute gewiss nichts. Daher muss der Bauernstand aus eigenem Antrieb und aus eigener Kraft dies
besorgen.“

Bereits am 1. Oktober 1906 erschien der erste „Bauernbündler“, der 14-tägig die Mitglieder informieren sollte; 1907 wurde erstmals der Bauernbundkalender an die Mitglieder verteilt.

Der Grundstein für einen Bund, der von diesem Zeitpunkt an allen geschichtlichen und wirtschaftlichen Erdbeben trotzte, war also gelegt.

Die gründung

Die Gründung des NÖ Bauernbunds wird auf das Jahr 1906 datiert. Dennoch liegen die Wurzeln dieser Gründung noch viele Jahre
davor, mehr als 30 Jahre sogar.

Der Zusammenhalt der bäuerlichen Bevölkerung war seit jeher groß, auch das Wissen, dass man gemeinsam stärker ist, denn:
Die Rahmenbedingungen für die landwirtschaftliche Arbeit haben sich zwar über die Jahrhunderte verändert, einfach waren sie
jedoch nie.
Um also durch gemeinsames Stützen Sicherheit zu bekommen, entstand 1875 mit dem „Verfassungstreuen Bauernverein“ der
erste politische Bauernverein in Niederösterreich. Noch etwas unkoordiniert bestand er allerdings nur drei Jahre lang.

Josef Steininger als Pionier
1884 ergriff der Gobelsburger Weinhauer Josef Steininger die Initiative und rief einen eigenen Bauernbund mit dem Namen
„Mittelstraße“ ins Leben. Doch der fehlende politische Rückhalt ermöglichte auch diesem landwirtschaftlichen Bund kein langes
Leben.

In der Zwischenzeit war jedoch die gesamte niederösterreichische bäuerliche Bevölkerung zu „neuem Leben“ erwacht. Der
Wunsch sich zusammen zu schließen und dadurch an Stärke zu gewinnen war größer denn je. Das Resultat: Die Gründung der
„Bäuerlichen Viertelsvereine“.

Gründung der bäuerlichen Viertelsvereine
Das Waldviertel machte 1885 in Zwettl den Anfang mit dem „Bauernverein für das Viertel ober dem Manhartsberg“. 1896 entstand
in Amstetten der für die weitere Zukunft bedeutende „Bauernverein für das Viertel ober dem Wienerwald“. Bereits nach kürzester
Zeit hatten sich diesem Mostviertler Verein mehr als 2.000 Bauern angeschlossen.

Weit über 1.000 Bauern waren dann ein Jahr später in das Wiener Rathaus gepilgert, um der Gründung des „Bauernvereins für das
Viertel unter dem Manhartsberg“ beizuwohnen und in eben diesem Jahr konstituierte sich in Wiener Neustadt der „Bauernverein
für das Viertel unter dem Wienerwald“.
Das Programm und auch ihre organisatorische Grundstruktur war den vier Bünden gemeinsam. So hatten sie sich unter einer
völlig neuartigen politischen Bewegung, in der der Pfarrklerus eine überaus wichtige Rolle spielte, gebildet: Der Christlichsozialen
Partei.

Da aller Anfang bekanntlich schwer ist, war den Viertelsvereinen der östlichen Landeshälfte nur kurzes Leben beschieden und
auch der Waldviertler Bauernverein verlor bald an Bedeutung.
Der Mostviertler Bauernverein mit dem christlichsozialen Landtagsabgeordneten Josef Stöckler an seiner Spitze blieb aktiv und
bildete im Jahr 1906 mit seinen 8.000 Mitgliedern den Grundstock für den Niederösterreichischen Bauernbund.

Bewährungsproben, Siege, Verluste

Es schien, als wäre der neue Bauernbund der richtige Weg und damit nicht aufzuhalten. Am 20. Mai 1909 versammelten sich
1.000 Delegierte aus den Kronländern und 25.000 Bauern aus Niederösterreich. Als zentrale Forderung wurde die Schaffung
eines gesamtösterreichischen Reichsbauernbundes verabschiedet. Zehn Jahre mussten allerdings vergehen und ein Weltkrieg
überdauert werden, ehe dieser Plan in der Republik verwirklicht werden konnte.

Stärke zu zeigen in guten Zeiten ist nicht schwierig – Stärke bewahren, wenn es bergab geht, das ist die Kunst. Und der
Niederösterreichische Bauernbund bewies, dass er zu einer Vereinigung geworden war, deren Mitglieder bereit waren, zu
kämpfen. Denn auf den anfänglichen Höhenflug folgten viele niederschmetternde Tiefschläge.

Der erste Weltkrieg zog eine Todesschneise durch das ganze Land. Bauernsöhne und Jungbauern mussten einrücken. Bald
machte sich eine dramatische Lebensmittelknappheit breit. 10 Millionen Menschen starben, 4 Millionen waren verwundet,
gefangen oder vermisst. Die Inflationsrate betrug zwischen 1918 und 1924 1.400 Prozent.

Auch die Nationalrats- und Landtagswahlen 1919, bei denen auch erstmals die Frauen wahlberechtigt waren, brachten dem
Bauernbund nicht die erhoffte Stärkung. Die Christlichsozialen erreichten zwar auf dem Land einen Sieg, dennoch blieben die
Sozialdemokraten stärkste Partei.

Forderung nach bundesweiter Vertretung
Die Mitglieder des Niederösterreichischen Bauernbundes bewiesen jedoch Treue, seine Obmänner ließen sich nicht in die Knie
zwingen und so gelang am 24. November 1919 die Gründung des lang ersehnten Reichsbauernbundes, dessen Obmann der
niederösterreichische Bauernbundobmann Stöckler wurde.

Zu dieser Zeit trat erstmals ein nur 1,51 Meter großer Mann in Erscheinung: Engelbert Dollfuß. Der Bergbauernsohn aus Texing
wollte ursprünglich Priester werden, wechselte jedoch zum Studium der Rechtswissenschaften. Nach Kriegsende wurde er
vom Geistlichen und christlichsozialen Bauernbunddirektor Josef Sturm als Sekretär in die Bauernbundkanzlei geholt und
zu nationalökonomischen Studien nach Berlin entsandt. Dort war er auch im deutschen bäuerlichen Organisationsleben
beschäftigt und lernte das bäuerliche Genossenschaftswesen bis ins Detail kennen. Somit ist es nicht verwunderlich, dass in
Dollfuß nach und nach der Plan heranreifte, das österreichische Agrarwesen von Grund auf zu reorganisieren.

Ein Weg voller Meilensteine

Engelbert Dollfuß begann die österreichische Landwirtschaft zu reformieren, wirkte bei der Errichtung der
Niederösterreichischen Landwirtschaftskammer mit und wurde gleich im Gründungsmonat Juni 1922 deren Sekretär (1927
deren Direktor).

Einen besseren Zeitpunkt hätte es für die „Geburt“ der NÖ Landes-Landwirtschaftskammer wohl nicht geben können.
Die furchtbaren Auswirkungen des 1. Weltkrieges waren überall spürbar. Die landwirtschaftliche Produktion konnte den
Lebensmittelbedarf bei weitem nicht decken. Der Hunger war ständiger Begleiter des Alltagslebens. Die neue Kammer schürte
nun die Hoffnung auf Produktionssteigerung. Bundeskanzler Ignaz Seipel sprach in seiner Rede zur Kammerkonstituierung von
einem „Mittel zur Selbsthilfe für unser Volk und Land“.

Eigene Kammer als Mittel zur Selbsthilfe
Und dies war einer der vielen großen Meilensteine in der Geschichte des Niederösterreichischen Bauernbundes. Zu den
ursprünglichen, immer noch geltenden, Programmpunkten der Gründungsstunde 1906, wurde den Bäuerinnen und Bauern nun
ein völlig neues Lebensgefühl vermittelt: Unabhängigkeit und die Hilfe zur Selbsthilfe.

Dazu gehörte also die neue Landwirtschaftskammer, die bereits nach der ersten Wahl beinahe ausschließlich von
Bauernbündlern besetzt wurde, als Berufs- und Interessenvertretung. In dieser Zeit ging es überhaupt „Schlag auf Schlag“ mit
neuen Errungenschaften für die landwirtschaftlich arbeitende Bevölkerung.

Grundstein für Genossenschaftswesen
Dollfuß trieb ebenso die Errichtung der landwirtschaftlichen Genossenschaften voran, die auch nach 1934 im Ständestaat
gefördert wurden. Bereits 1893 war ja mit dem ersten Getreidelagerhaus in Pöchlarn der Grundstein für die Lagerhäuser als
regionale Wirtschaftspartner für die Landwirte gelegt worden. Nach 1918 entstanden dann in allen heutigen Bundesländern,
außer in Wien, Lagerhäuser, die in Bundesländerzentralen zusammengeschlossen waren.

Dollfuß erkannte auch die Zeichen der Zeit und setzte sich für die Landarbeiter-Versicherung und die Unfallversicherung
für alle bäuerlichen Familien ein. Auch am Schutz vor unkalkulierbaren Unglücksfällen wurde weiter gearbeitet. Und so
erfolgte 1923 die Gründung der „Ersten n.oe. Brandschaden-Versicherungsaktiengesellschaft“, bei der die junge NÖ Landes-
Landwirtschaftskammer als Hauptaktionär fungierte. Dies kann als „Geburtsstunde“ der Niederösterreichischen Versicherung
betrachtet werden.

Ebenso findet sich in dieser Zeit bereits die „Niederösterreichische Landes-Hagelversicherungsanstalt“, die vorerst bis 1922
existierte und danach einem stetigen Wandel, fortwährenden Änderungen und Neuerungen unterzogen wurde.

Ein Bund mit Rückgrat

Engelbert Dollfuß begann die österreichische Landwirtschaft zu reformieren, wirkte bei der Errichtung der
Niederösterreichischen Landwirtschaftskammer mit und wurde gleich im Gründungsmonat Juni 1922 deren Sekretär (1927
deren Direktor).

Einen besseren Zeitpunkt hätte es für die „Geburt“ der NÖ Landes-Landwirtschaftskammer wohl nicht geben können.
Die furchtbaren Auswirkungen des 1. Weltkrieges waren überall spürbar. Die landwirtschaftliche Produktion konnte den
Lebensmittelbedarf bei weitem nicht decken. Der Hunger war ständiger Begleiter des Alltagslebens. Die neue Kammer schürte
nun die Hoffnung auf Produktionssteigerung. Bundeskanzler Ignaz Seipel sprach in seiner Rede zur Kammerkonstituierung von
einem „Mittel zur Selbsthilfe für unser Volk und Land“.

Eigene Kammer als Mittel zur Selbsthilfe
Und dies war einer der vielen großen Meilensteine in der Geschichte des Niederösterreichischen Bauernbundes. Zu den
ursprünglichen, immer noch geltenden, Programmpunkten der Gründungsstunde 1906, wurde den Bäuerinnen und Bauern nun
ein völlig neues Lebensgefühl vermittelt: Unabhängigkeit und die Hilfe zur Selbsthilfe.

Dazu gehörte also die neue Landwirtschaftskammer, die bereits nach der ersten Wahl beinahe ausschließlich von
Bauernbündlern besetzt wurde, als Berufs- und Interessenvertretung. In dieser Zeit ging es überhaupt „Schlag auf Schlag“ mit
neuen Errungenschaften für die landwirtschaftlich arbeitende Bevölkerung.

Grundstein für Genossenschaftswesen
Dollfuß trieb ebenso die Errichtung der landwirtschaftlichen Genossenschaften voran, die auch nach 1934 im Ständestaat
gefördert wurden. Bereits 1893 war ja mit dem ersten Getreidelagerhaus in Pöchlarn der Grundstein für die Lagerhäuser als
regionale Wirtschaftspartner für die Landwirte gelegt worden. Nach 1918 entstanden dann in allen heutigen Bundesländern,
außer in Wien, Lagerhäuser, die in Bundesländerzentralen zusammengeschlossen waren.

Dollfuß erkannte auch die Zeichen der Zeit und setzte sich für die Landarbeiter-Versicherung und die Unfallversicherung
für alle bäuerlichen Familien ein. Auch am Schutz vor unkalkulierbaren Unglücksfällen wurde weiter gearbeitet. Und so
erfolgte 1923 die Gründung der „Ersten n.oe. Brandschaden-Versicherungsaktiengesellschaft“, bei der die junge NÖ Landes-
Landwirtschaftskammer als Hauptaktionär fungierte. Dies kann als „Geburtsstunde“ der Niederösterreichischen Versicherung
betrachtet werden.

Ebenso findet sich in dieser Zeit bereits die „Niederösterreichische Landes-Hagelversicherungsanstalt“, die vorerst bis 1922
existierte und danach einem stetigen Wandel, fortwährenden Änderungen und Neuerungen unterzogen wurde.

Viel erreicht, noch nicht am Ziel

Die Jahre nach 1956 waren geprägt von großen agrarpolitischen Neuerungen und Änderungen. Das Amt des NÖ Bauernbunddirektors hatte nun Eduard Hartmann inne, der später auch von Bundeskanzler Julius Raab mit dem Amt des Landwirtschaftsministers betraut wurde.

Seine Zielsetzungen waren die Sicherung der Ernährung, die Erhaltung eines wirtschaftlich gesunden Bauernstandes und die Bereitstellung entsprechender Fördermittel – der „Grüne Plan“ war geboren. Basis dafür war ein jährlicher Bericht über die wirtschaftliche Lage der Landwirtschaft (Grüner Bericht).

Niederösterreich stand in dieser Zeit vor einigen Herausforderungen. Der Strukturwandel verlangte nach neuen Wegen. Ein neues Leitbild war gefragt. Viel Augenmaß und die notwendige Konsequenz zur Durchsetzung der Anforderungen. Andreas Maurer, der Mann der Stunde. Der Bauer aus Trautmannsdorf war von Jugend an mit Enthusiasmus in der Bauernvertretung seiner Gemeinde tätig, bekleidete bald das Amt des Agrarlandesrates, 1966 wurde er einstimmig zum Niederösterreichischen Landeshauptmann gewählt. Die Prinzipien einer modernen, wissenschaftlich fundierten Raumordnung gelangten durch die zielgerichtete Arbeit Maurers zu immer größerer Bedeutung.

Agrarland Nr. 1 bekommt Landwirtschaftsgesetz
Niederösterreich blieb also Agrarland Nummer eins, wurde aber auch gleichzeitig Industrieland Nummer eins innerhalb Österreichs. Ganz besonders lagen ihm auch die Förderung von Aussiedlerhöfen, die Reorganisation des Schulwesens und der Ausbau des Straßennetzes am Herzen. Er war es auch, der tatkräftig unterstützte, dass das „NÖ Landwirtschaftsgesetz“ 1976 endlich verwirklicht werden konnte. Damit war das Land zur Bereitstellung der für die Förderung der Landwirtschaft notwendigen Mittel aus dem Landeshaushalt verpflichtet und auch die Lage der Bäuerinnen wurde durch Ausbildung und Bereitstellung von Dorfhelferinnen und Einführung des Betriebshelferdienstes grundlegend verbessert.

Von 1970 bis 1981 trat ein bisher unvorstellbarer Fall ein: Die Sozialisten erreichten unter ihrem Parteichef Bruno Kreisky eine
absolute Mehrheit und stellten in den Folgejahren auch die Landwirtschaftsminister.

Bereits 1971 kam es zum großen Knall. Die aufgestaute Verbitterung der Bäuerinnen und Bauern, ausgelöst durch die bauernfeindliche Regierungsführung, entlud sich in der machtvollsten bäuerlichen Demonstration, die es in Österreich je gegeben hatte. Mit mehr als 7.000 Traktoren zogen die niederösterreichischen Landwirte am 19. März 1971 in die Bundeshauptstadt, wo sich bereits schon weitere 10.000 Bäuerinnen und Bauern auf dem Wiener Ballhausplatz versammelt hatten. Die Großdemonstration der Bauern, deren Planung und Durchführung Bauernbunddirektor Robl geleitet hatte, verfehlte weder bei der Bevölkerung noch bei der Regierung ihre Wirkung. Hatte Bundeskanzler Kreisky noch einen Tag zuvor erklärt, dass es „unter dem Druck der Straße keinen Groschen für die Bauern“ geben werde, so fand er sich schließlich doch bereit, einer Milchpreisnachziehung sowie einer Verbesserung der Treibstoffpreisverbilligung seine Zustimmung zu geben.

Gründung einer Sozialversicherung
Ein weiteres Musterbeispiel für eine erfolgreiche Maßnahme ist untrennbar mit dem ehemaligen Bauernbundobmann Alois Scheibenreif verbunden. 1974 entsteht die Sozialversicherung der Bauern, SVB. Ab 1974 umfasste die SVB dann alle bisherigen Zweige und Anstalten der bäuerlichen Sozialversicherung, nämlich Unfall, Krankenversicherung und eben die Bauernpension. Unter den Referenten des Österreichischen Bauernbundes finden wir den jungen Erwin Pröll. Er wird 1980 NÖ Agrarlandesrat. Bereits 10 Monate später nähert er sich dem Amt NÖ des Landeshauptmannes und wird Landeshauptmannstellvertreter.

In weiterer Folge positionierte sich der NÖ Bauernbund als politische Organisation. Natürlich konnte dadurch der Strukturwandel mit immer weniger werdenden bäuerlichen Betrieben nicht verhindert werden, dennoch blieb so der politische Einfluss ungeschmälert und war bei vielen Entscheidungen die Landwirtschaft betreffend überlebenswichtig für die Bäuerinnen und Bauern.

Am 12. November 1983 wählte der Landesbauernrat Hans Penz zum Bauernbunddirektor. Auf Andreas Maurer folgte 1989 Agrarlandesrat Franz Blochberger als Bauernbundobmann.

Ruhige Zeiten gibt es nicht

Der Weinskandal des Jahres 1985 erschütterte die österreichische Weinwirtschaft und führte zu drastischen Einbrüchen bei Verkauf und Export des Traubensaftes. Der Schaden für das Image des österreichischen Weines war enorm.

Entstanden ist er wohl durch eine vollkommen fehlgeleitete Agrarpolitik der SPÖ. Waren es doch sozialistische Politiker, die auf die unselige Idee kamen, den Weinbauern der Grenzbezirke zu erlauben, zusätzlich ein halbes Hektar mit Wein anzusetzen. Der Hintergedanke: Das sollte die Bauern zu Hause halten und den Wiener Arbeitsmarkt entlasten. Die meisten Weinhauer nutzten die unerwartete Möglichkeit. Die Rebflächen wurden vergrößert, der Ertrag enorm erhöht, aber: Der ohnehin zu dieser Zeit am
Boden liegende Weinpreis besserte sich nicht. Da begann der Weinhandel in letzter Not zu panschen.

Und gerade in dieser Situation, in der der gute Ruf Österreichs, propagiert durch die fanatische Negativberichterstattung der Medien, vollkommen ruiniert war, betrat ein junger Mann die politische Bühne: Josef Pleil, Nebenerwerbsweinhauer aus Wolkersdorf.

Strenges Weingesetz bürgt für Qualität
Mit Sachverstand, politischem Gespür, Verhandlungsgeschick und Hartnäckigkeit führte er die Weinwirtschaft weg vom
alles erschütternden Skandal zu neuer Hochblüte. Sein Credo: Weg von billigen Markenweinen, hin zu Qualität. Und so entstand schließlich ein strenges Weingesetz mit drei Schwerpunkten: Einführung einer staatlichen Prüfnummer, Einführung einer Banderole und Einführung eines Kellerbuches. Schritt für Schritt gelang es Pleil, den Skandal zu bewältigen und den österreichischen Weinbau in eine gute Zukunft zu führen.

Die 90iger Jahre standen aber noch im Banne einer weiteren, heftigen Diskussion: Beitritt zur EU – Ja oder Nein? Die Skepsis gegenüber einem EU-Beitritt war in der bäuerlichen Bevölkerung besonders groß. Die beiden Bauernbundpolitiker Franz Blochberger und Rudolf Schwarzböck waren nahezu Tag und Nacht im Einsatz, um zu informieren und in zahlreichen Bauernversammlungen alle Für und Wider zu besprechen.

Von EU-Beitritt bis ÖPUL-Programm
Außerdem leitete Schwarzböck selbst als oberster österreichischer Bauernvertreter neben dem damaligen Landwirtschaftsminister Franz Fischler federführend die Verhandlungen Österreichs über den Beitritt zur EU im Agrarbereich. Dabei konnten zahlreiche Begleitprogramme ausverhandelt werden, die die Auswirkungen des EU-Beitrittes für Österreichs Bauern abfederten.

Maßgeblich an solch einem Programm beteiligt war Hermann Schultes. Als Obmann des „Distelvereins“ entwickelte er bereits seit 1987 mit tausenden Bauern, Wissenschaftlern und Naturinteressierten die Grundlagen für das heutige ÖPUL, das Umweltprogramm der Landwirtschaft.

Bis zum Jahr 2000, unter wechselnden, von SP-Kanzlern geführten Regierungen, musste der NÖ Bauernbund immer wieder kämpfen, um sich Gehör verschaffen zu können. Dennoch gelang es ihm, weitere Meilensteine für die niederösterreichische Landwirtschaft zu setzen.

So wurden auf Drängen des Bauernbundes die Bäuerinnenpension, das Pflegegeld, die Anhebung der Bauernpension, die Senkung des Selbstbehaltes bei Spitalsaufenthalten von zwanzig auf zehn Prozent oder die Anrechnung der Kindererziehungszeiten auf die Pension durchgesetzt.

Der NÖ Bauernbund am Weg in ein neues Jahrtausend

Der NÖ Bauernbund ist als eine weit über die Parteigrenzen hinaus anerkannte kompetente Interessenvertretung der Bauern – und noch viel mehr: Er ist die starke Stimme für den ländlichen Raum.

2005 wurde Kammerpräsident Hermann Schultes auch Bauernbundobmann. An seiner Seite wurde am 1. Jänner 2011 erstmals eine Frau in der Geschichte des Niederösterreichischen Bauernbundes Direktorin: Klaudia Tanner hat die Geschicke der politischen Organisation mit unermüdlichem Einsatz, Fachkompetenz, Herz und Verstand und der doch imme wieder nötigen Härte und Diskussionsstärke gelenkt.

Diese Härte wurde ihr dabei nicht nur einmal abverlangt. Gemeinsam mit Hermann Schultes konnte die massive Gefährdung der österreichischen Schweinebranche durch den damaligen SP Gesundheitsminister Alois Stöger verhindert werden. Ein sofortiges Verbot des Ferkelschutzkorbs wurde abgewendet.

Dies ist nur eines von unzähligen Beispielen, das deutlich die Herausforderung dieser Zeit erkennbar werden lässt:
Spendenabhängige Tierschutzorganisationen oder NGOs versuchen auf den Rücken der Bauern Hetzpolitik zu betreiben und ein verzerrtes, teils vollkommen unwahres Bild der Landwirtschaft zu zeichnen.

Die realitätsnahe Darstellung der Landwirtschaft sowie die Wertschätzung unserer Lebensmittel bei den Konsumenten zu steigern, können als Ziele dieser Zeit formuliert werden.

„Diese Zeit“ verlangt auch vor modernen Kommunikations- und Informationsplattformen nicht zurückzuschrecken – sondern im Gegenteil: sie bewusst zu nutzen! Mit der Facebook- und Internetplattform „Niederösterreichs Bauern“, Medienkampagnen („Was den Bauern bleibt“) und Informationsveranstaltungen (Hofjause, „Österreich isst frei“) wurde die Marschrichtung vorgegeben. Es ist unsere Aufgabe, die Konsumenten zu informieren, denn wir alleine sind die Experten zum Thema Landwirtschaft!

2014 stand für den Bauernstand erneut viel am Spiel: der Einheitswert.
Das Ergebnis war für die meisten bereits im Vorhinein klar: Der Einheitswert muss weg! Von „Sonderbehandlung“ bis zu „Sauerei“ reichten die Anschuldigungen gegenüber den Bauern. Nur durch massiven Einsatz von Hermann Schultes konnte der Einheitswert in der Landwirtschaft gesichert werden. Die Bandbreite der Auswirkungen sollten zu diesem Zeitpunkt nur wenige überschauen.

Ein weiterer Bauernbündler setzte beharrlich um, was er zugesagt hatte. Agrarlandesrat Stephan Pernkopf schaffte 2015 mit Niederösterreich die Energiewende. 100 Prozent des NÖ-Stromverbrauchs kommen aus erneuerbarer Energie. Stephan Pernkopf ist seit April 2017 LH-Stellvertreter von Niederösterreich und damit auch für Landeskliniken, Energie sowie Umwelt zuständig. Im März 2019 ist er Hermann Schultes als Bauernbundobmann nachgefolgt und möchte sich als Anwalt für den gesamten ländlichen Raum einbringen. Seit Jänner 2020 steht ihm Paul Nemecek als Bauernbunddirektor zur Seite, nachdem er die Agenden von Klaudia Tanner nach ihrem Wechsel ins Bundesministerium übernommen hat.

Versorgungssicherheit erlangt höheren Stellenwert!
Die Corona-Pandemie hat uns gezeigt, wie wichtig die Versorgungssicherheit mit heimischen Lebensmitteln ist. Denn das Bild von ausgeräumten Supermarktregalen am Freitag, den 13. März 2020, wird wohl jedem lange in Erinnerung bleiben. Verunsicherung in der Bevölkerung führte zu Hamsterkäufen und überforderten Handelsriesen, sogar das Bundesheer musste unterstützen. Nur dank des beständigen Einsatzes der Bäuerinnen und Bauern konnten leere Regale rasch wieder aufgefüllt werden, als die Grenzen dicht waren. Im Laufe dieser größten Krise seit Jahrzehnten wurde für die breite Bevölkerung erlebbar, wie wichtig die Gewährleistung von Versorgungssicherheit mit heimischen Lebensmitteln ist. Diese sichtbar gewordene Stärke gilt es künftig weiter auszubauen und zu nutzen.

Der Niederösterreichische Bauernbund war von seiner Gründung bis heute geprägt durch große Persönlichkeiten, die stets das Einende vor das Trennende stellten und unser Land maßgeblich zu dem machten, was es heute ist.